Privatinsolvenz - Ablauf des Verbraucherinsolvenzverfahrens

Privatinsolvenz
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Privatinsolvenz - Gleichheit zwischen Gläubiger und Schuldner

Bei der Privatinsolvenz, auch Verbraucherinsolvenz genannt, ging der Gesetzgeber davon aus, dass eine gewisse „Gleichheit“ zwischen Gläubiger und Schuldner geschaffen wird.

Hinweis: Einkommen ist keine Voraussetzung einer Privatinsolvenz

Um die Privatinsolvenz überhaupt einzuleiten, muss zunächst ein außergerichtlicher Einigungsversuch mit den Gläubigern durchgeführt werden. Die Einigung scheitert bereits dann, wenn ein Gläubiger den Plan ablehnt oder sich gar nicht äußert. Erst wenn dieser Einigungsversuch gescheitert ist, ist die Möglichkeit gegeben über den Nachweis einer Bescheinigung des Scheiterns, die Gerichte in Anspruch zu nehmen, um das Verbraucherinsolvenzverfahrens zu durchlaufen (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Bei dieser Bescheinigung handelt es sich um eine Prozessvoraussetzung, das heißt, ohne Vorlage dieser Bescheinigung wird der Antrag auf Eröffnung der Privatinsolvenz durch das Gericht zurückgewiesen.

Am Ende steht meistens die Restschuldbefreiung, sofern keine vorsätzlichen unerlaubten Handlungen begangen wurden (§ 302 Nr. 1 InsO).

Die Privatinsolvenz dient dazu Menschen, die aus eigener Kraft Ihre Schulden nicht mehr zahlen können, sich binnen 36 Monaten Restschuld zu befreien. Daher wird bei einem niedrigen Einkommen die Privatinsolvenz eröffnet. Ein Arbeitseinkommen ist somit keine Voraussetzung der Privatinsolvenz. Somit können Sie auch bei einem Arbeitslosengeld I oder II Bezug, oder als Rentner eine Privatinsolvenz beantragen.

Ablauf der Privatinsolvenz in drei Verfahrensabschnitte

Hierbei durchläuft man das gerichtliche Verfahren, wobei Letztgenanntes zu unterteilen ist in drei Verfahrensabschnitte, und zwar

  1. Außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren
  2. Verbraucherinsolvenzverfahren
  3. Restschuldbefreiungsverfahren

Man kann durch das vorgeschaltete außergerichtliche Verfahren Zeit gewinnen, da eine Restschuldbefreiung auch außergerichtlich zu erreichen ist. Somit umgeht man regelkonform ein Verbraucherinsolvenzverfahren.

Die Gläubiger versuchen meistens bei außergerichtlichen Einigungsversuchen den Schuldner bis an dessen finanzielle Schmerzgrenze zu testen, obwohl sich die Gläubiger im Klaren sein sollten, dass sie im Verbraucherinsolvenzverfahren im Zweifelsfall weniger erhalten als bei Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs.

Auch die Gläubiger haben im gerichtlichen Verfahren ihre Kosten selbst zu tragen, insbesondere die für die Einschaltung eines Rechtsanwaltes, sodass schon deshalb eine gewisse Motivation zur außergerichtlichen Einigung bestehen sollte.

Als Nachweis für einen erfolglosen durchgeführten Versuch der Regulierung stellt der Rechtsanwalt oder die Schuldnerberatung eine Bescheinigung aus, die dem Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Insolvenzverfahrens beigefügt wird (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO).

1. Stufe: Außergerichtlicher Versuch zur Schuldenregulierung

In der Vorbereitung eines außergerichtlichen Versuchs zur Schuldenregulierung muss schon einiges an Vorarbeit geleistet werden. Hier ist es ratsam, alle Gläubigerdaten beisammen zuhaben. Aufgrund der Gläubigerdaten des vom Schuldner auszufüllenden Auskunftsbogen über seine persönlichen Verhältnisse und Verbindlichkeiten fordert die Schuldnerberatung von allen Gläubigern eine aktuelle Aufstellung deren Forderungen an.

Um allen Gläubigern gerecht zu werden, auch die „schlafenden“ Gläubiger, sollte zwingend bei den wichtigsten Auskunfteien eine Datenübersicht nach §34 BDSG eingeholt werden. Die Forderungsaufstellung hat der Gläubiger kostenlos zu fertigen und aus dieser muss ersichtlich sein, wie sich die Gesamtforderung zusammensetzt, und zwar in Hauptforderung, Zinsen und Kosten.

Diese Angaben über die bestehenden Verbindlichkeiten werden in einem Schuldenbereinigungsplan zusammengefasst. Das bedeutet, jedem Gläubiger wird ein Anteil (Quote) an der Summe aller Verbindlichkeiten des Schuldners zugewiesen. Das außergerichtliche Angebot an die Gläubiger unterliegt keinen gesetzlichen Anforderungen und kann daher völlig frei gestaltet werden.

2. Stufe: Gerichtliches Insolvenzverfahren

Der Schuldner kann bei drohender oder bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzantrages und Restschuldbefreiung stellen. Das Vermögen des Schuldners dient nunmehr der gemeinschaftlichen Befriedigung aller Gläubiger. Sofern der Schuldner selbst den Antrag auf Eröffnung der Privatinsolvenz gestellt hat, ist mit der Eröffnung des Verfahrens die Aufhebung aller drei Monate vor Stellung des Insolvenzantrages durchgeführten Zwangsvollstreckungen in das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen verbunden.

Außerdem tritt an die Stelle der zuvor angeordneten vorläufigen Sicherungsmaßnahmen von nun an das Verbot für Gläubiger, in die Insolvenzmasse Zwangsvollstreckungen durchführen zu lassen. In dem für andere Gläubiger nicht pfändbaren Teil des Einkommens ist jedoch weiterhin die Betreibung von Unterhaltsansprüchen sowie Ansprüche aus unerlaubter Handlung zulässig, sofern das Gericht nicht die einstweilige Einstellung angeordnet hat. Das Gericht bescheidet ferner über den Antrag des Schuldners auf Stundung der Verfahrenskosten  (§ 4a).

Der Eröffnungsbeschluss mit Angabe des Namens und der Adresse des Schuldners wird im Internet veröffentlicht. Spätestens ab diesem Zeitpunkt werden sämtliche Auskunfteien die Angaben speichern und an Ihre angeschlossenen Unternehmen weitergeben. Das Gericht bestimmt gleichzeitig einen Insolvenzverwalter. Aufgabe eines Insolvenzverwalters ist die Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse sowie die Verteilung der dadurch erlangten Geldmittel an die Gläubiger zum Zwecke deren gemeinschaftlichen Befriedigung (§ 35 Insolvenzordnung (InsO)).

Gründe für die Eröffnung des Verfahrens

Die Zahlungsunfähigkeit, wenn ein Schuldner seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann (§17 InsO). Von Zahlungsunfähigkeit bedroht ist ein Schuldner dann, wenn dieser voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (§18 InsO).

Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens

Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des außergerichtlichen Verfahrens gestellt werden. Das Gericht wird in aller Regel bei Vorliegen des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst vorläufige Sicherungsmaßnahmen anordnen (§306 Abs. 1 InsO).

Von diesen vorläufigen Sicherungsmaßnahmen sind auch die Gläubiger betroffen, die nicht am Insolvenzverfahren teilnehmen, weil der Schuldner übersehen hatte, diese im Schuldenbereinigungsplan zu berücksichtigen.

Der Schuldner erklärt schon bei Stellung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Abtretung des pfändbaren Teils seiner Bezüge aus einem Dienstleistungsverhältnis oder an deren Stelle tretende Bezüge (§ 287 InsO).

3. Stufe: das Restschuldbefreiungsverfahren

Mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Ankündigung der Restschuldbefreiung beginnt für den Schuldner die Wohlverhaltensphase.

Da nun das vorhandene Vermögen des Schuldners bereits verwertet wurde und die Gläubiger außer Ihrer Quote an dem Pfändungsbetrag des laufenden Einkommens keine weiteren Zahlungen mehr zu erwarten haben, kann der Schuldner über sein zukünftiges Vermögen nunmehr frei verfügen. Somit ist alles, was sich der Schuldner ab diesem Zeitpunkt an neuen Werten wie z. B. Auto, Mobiliar, Schmuck usw. anschafft, nicht mehr zugunsten der Befriedigung der Gläubiger pfändbar.

Während dieses Verfahrensabschnittes legt der Treuhänder die Abtretungserklärung des Schuldners dem jeweils diesem gegenüber zur Zahlung Verpflichteten vor (Arbeitgeber, Rentenkasse, Arbeits-, Sozialamt usw.) und verlangt den pfändbaren Teil der Bezüge an sich.

Die Restschuldbefreiung bewirkt, dass Forderungen sämtlicher Gläubiger, also auch derjenigen, die nicht am Insolvenzverfahren teilgenommen haben, zukünftig nicht mehr durchsetzbar sind. Ausgenommen von der Restschuldbefreiung sind nach wie vor Forderungen mit Strafcharakter und Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung, sofern diese zur Insolvenztabelle angemeldet wurden.

Bitte beachte, dass es sich hierbei nur um allgemeine Hinweise handelt, die auf keinen Fall eine Rechtsberatung durch einen Anwalt oder eine andere Rechtsberatungsstelle ersetzen. Dies ist eine reine Informationsseite und stellt keine Tätigkeit der Schuldnerberatung Vitovec dar.

 

Quellen:
dejure.org